Häutungen

Verwandlungen...

Die Sommerpläne und Ideen verwehen gerade mit den ersten Herbststürmen...

Meiner roten Mond- und Gartengöttin – die so stolz zwischen Kräutern und Gräsern den kleinen Teich bewacht  - ist der Kopf abgefallen und die strahlend rote Farbe blättert von ihr ab...

Der Anblick ist irgendwie grausam und ich frage mich, wie das passieren konnte?

Scherzhaft nenne ich es das „Massaker am Froschteich“ und stelle mir vor, wie der Froschkönig sich von dieser geballten Weiblichkeit bedroht fühlte und ihr deshalb den Kopf abschlug....

Vielleicht war es aber auch nur die Witterung?  Die Hitze des Sommers in der mein kleiner Tümpel fast ganz ausgetrocknet ist?  Wo sich die Erde zusammenzieht und Risse bildet und wenn sich dann, durch heftige Regengüsse, die plötzlich auf die harte, trockene Erde fallen, auf einmal alles wieder ausdehnt und auffüllt und der Druck zu viel wird...

Alles ist gerade irgendwie zu viel...

Klimawandel, Artensterben, Covid, Rechtsradikale, Egomanen und Diktatoren die unsere Welt bestimmen,

viel zu wenig Achtsamkeit,

viel zu wenig gesunder Menschenverstand...

Inspiration

Solche und noch andere Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich diese Figur, die vor vielen Jahren mit Ton und der Inspiration aus einem YinTAO-Frauen-Retreat entstanden ist, vor mich hinstelle und vorsichtig die losen Farbschichten abtrage, unter denen mir ein etwas fleckiges aber leuchtend, grünes Algenkleid entgegenschaut.

Ent-Blätterung

Da hat sich etwas unter der leuchtenden, roten Haut gebildet. Feuchte, grüne Mikro-Organismen haben sich ausgebreitet und schließlich dazu geführt, dass die äußere Hülle abblättert.

Das sieht eigentlich richtig schön aus, so könnte es bleiben, wenn da nicht der zwar abgebrochene aber ansonsten vollkommen intakte und leuchtend, rote Kopf mit der goldenen Mondin wäre, den ich ihr jetzt erst einmal in den Schoß lege und dann behutsam wieder aufsetze für ein paar Fotos, damit sie nicht so kopflos ist....

Haut 3

Kopflos.

Ein Anblick, der mir schwer fällt und den ich noch nicht so richtig zu deuten weiß. Es arbeitet in mir.

Diese kleine, rote, schwangere Figur, mit offenem Schoß – Ausdruck von schöpferischer, kreativer Kraft, die mich schon 20 Jahre begleitet und nach dem Umzug in das eigene Haus ihren Platz am Gartenteich fand, fühlt sich an, wie ein Teil von mir...

Renu-vation

Vor ein paar Jahren wurde sie schon einmal „Renu-viert“  – als Wind und Wetter an ihrem roten Kleid zerrten und dünne Schichten ihrer Haut abgesplitterten. Die habe ich dann einfach wieder angeklebt und sie bekam eine neue, leuchtend rote Schicht, die stolz auch Narben und Unebenheiten zeigt. Wie das halt so geht im Leben.

So hergerichtet hatte sie gleich einen Foto-Termin und schmückt seitdem die erste Seite meines Vulvina-Malbuchs.

Haut 3

Jetzt hat sie gerade ihr ganzes Kleid hergegeben und steht nackt und irgenwie verletzlich vor mir. Der Moss und Algenentferner hat die helle, tönerne Haut freigelegt. Ich hole sie rein aus der kühlen, feuchten Herbstluft und stelle sie ins Zimmer auf den Tisch.

Haut 9

Dann gehe ich schlafen und träume.
Lasse meine innere Heilerin zu mir sprechen.
Die bremst mich,
fordert Ruhe
und Einkehr zu mir.

Ich lasse das jetzt mal mit meiner „to do Liste“  und fließe „absichtslos“ mit den notwendigen Alltäglichkeiten die erledigt werden wollen oder müssen...

Gönne mir Zeit, eine Runde Pulswärmer zu häkeln,
lese eine schöne Geschichte
und schaue mit Schwester und Nichte einen berührenden Film (Netflix: my teacher, the octopus).

Haut 5

Neues gebären

Sonntägliche Ruhe kehrt ein –
alle sind ausgeflogen, die Katze schläft, eingekuschelt auf ihrer Decke.

Es ist warm und gemütlich bei mir.
Ich habe Zeit für mich und schreibe auf, was sich bis in mir bewegt.

Ideen wachsen.
Pläne möchten umgeworfen werden...

eine Sehnsucht wächst in mir –
nach ganz viel Zeit, um Neues zu gebären...

Pflege

Die Samen sind verteilt,
noch ein bischen aufräumen
Platz schaffen
damit sich in der Winterruhe
Kraft aufbauen kann,
die mit dem Frühling ihren Ausdruck finden wird...

bis dahin,
nutze ich die Zeit

für Atmung,
Bewegung
und ganz viel Ruhe...

 

Transformation

godess renu

Das Bild verrät es schon.

Die Gartengöttin hat sich transformiert oder besser gesagt, sie ist Renu-viert.
Schritt für Schritt hat sie sich sich neu zusammengefügt und dabei Erkenntnisse und Weisheiten realisiert.

Der Schrecken der Kopflosigkeit hat sich aufgelöst, weil sich darin die Aufforderung offenbart, weniger zu analysieren und mehr zu fühlen. Den Moment spüren. Im "Jetzt" gewahr sein - das ist unbeschreiblich schön....

Die Lebens-Verletzungen und Schleifspuren des Alltagswetters nicht als Makel zu sehen, im Gegenteil - es sind Berührungen mit der Natürlichkeit und gleichzeitig Spuren, die uns wie Auszeichnungen für besondere Lebenserfahrungen schmücken.

Im Prozess der Transformation habe ich die abgebrochenen Stücke und Risse mit "Lebens-Kraft-Alleskleber" wieder zusammengefügt und dann langsam, achtsam und liebevoll, Schicht für Schicht, rotes Seidenpapier, durchdrungen von Ching-Qi, in Form von magisch, glitzerndem Lack-Leim,  zärtlich über die Wunden und Risse gelegt.

Auch wenn sie nach außen hin zum Teil fast unsichtbar sind, verbleiben die Erfahrungen - werden aber nun in einer guten und sicheren Struktur - gehalten.

Fachlich formuliert ist das eine gelungene Trauma-Arbeit! 

Hier etwas Inspiration zum "Aufräumen" und zur "Selbstpflege":

* YinTAO-Erlebnisabend

* YinTAO-Basis-Seminar

* Heilender Atem: Immunsystem stärken

* Überblick Seminarprogramm

Anmerkung

Als ich diesen Text in unserer YinTAO-Lehrerinnen-Gruppe teilte, war Lena gerade in die "Wolfsfrau" von Clarissa Pinkola Estés vertieft. Dieses Buch hat mich schon vor vielen Jahren begleitet und meinen ersten Text für die Ankündung des Frauen-Retreats inspiriert.

Hier ein kleiner Auszug aus dem Buch, das ich euch ans Herz lege. Bei vielen Frauen steht es im Regal. Hole es mal wieder hervor...

"Handwerkliche Schöpfungen sind ein wichtiger Bestandteil der Seelenarbeit. Als Frau kann man einen Teil der eigenen Macht und Stärke zurückfordern, wenn man sieht, daß man etwas Künstlerisches, Phantasievolles mit eigenen Händen schafft - einen Talisman aus bunten Fäden, eine Skulptur, irgendetwas Ureigenes, Handgemachtes. Mit solchen Kunstwerken wird nicht nur dem momentanen persönlichen Weltverständnis ein kleines Denkmal gesetzt, das Geschaffene ist zugleich ein liebevoller Wegweiser für alle, die nach uns diesen Weg gehen."

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